Der AC Schnitzer ACS4 BMW X4 mit dem N57D30B Motor
Diagnose: Lagerschaden / Pleuellagerschaden

Der AC Schnitzer BMW X4 mit einem Lagerschaden bzw. Pleuellagerschaden bei 160.000 KM

Der Hersteller “AC Schnitzer” ist ein bekannter Tuner für Automobile. Er bietet für die Marken BMW, Mini und Toyota interessante Komplettlösungen an. Darüber hinaus sind bei diesem Hersteller zahlreiche Anbauteile wie Felgen für viele andere Marken erhältlich. Fahrzeuge, die das komplette Tuningprogramm des Dienstleisters bekommen haben, können mit sehr sportlichen Fahreigenschaften begeistern. Doch auch wenn Motor und Fahrwerk für höhere Grenzbereiche ausgelegt sind, so wird das Auto dadurch nicht unzerstörbar. Ein Gebrauch des Autos innerhalb seines bestimmungsgemäßen Bereichs ist auch nach Tuning-Maßnahmen geboten. Leider wird genau dieser Umstand von vielen Kunden ignoriert. Das kann fatale Folgen haben, wie es bei einem AC Schnitzer in unserer Werkstatt deutlich zu sehen war.

Lagerschaden - Totaloperation

Wenn von einem Lagerschaden an einem Automotor die Rede ist, dann bezieht sich dies in der Regel auf die Pleuellagerschalen. Die Pleuellager sind die gleitenden Verbindungsstücke zwischen Pleuelstange und der Kurbelwelle. Die hohen Drehgeschwindigkeiten und Temperaturen an dieser Stelle machen den Einbau von mehrteiligen Kugel- oder Wälzlagern unmöglich. Deshalb verwendet die Automobilindustrie bei diesem kritischen Punkt standardmäßig Lagerschalen aus Bronze. Dieser Werkstoff hat selbstschmierende Eigenschaften. Außerdem ist er metallurgisch weit genug vom Stahl der Kurbelwelle entfernt. Das verhindert ein gegenseitiges Fressen im Normalfall sehr zuverlässig. Dazu ist es aber erforderlich, dass der Schmierfilm niemals abreißt und die Motortemperatur nicht zu stark steigt.

Folgen vom Ölfilm-Abriss

Eine Überhitzung des Motors kann dazu führen, dass der Schmierstoff zu dünnflüssig wird. Ein zu niedriger Ölstand kann ebenfalls zu einer Mangelschmierung führen. Pleuellager sind so konzipiert, dass sie sich zunächst selbst zersetzen, bevor die Kurbelwelle in Mitleidenschaft gezogen wird. Wenn der Schaden nur auf die Lager beschränkt bleibt, sind die Reparaturkosten noch im Rahmen. Letztendlich handelt es sich bei den Lagerschalen auch um Verschleißteile. Sie haben zwar eine Lebensdauer von 150.000 – 200.000 km. Dann sollten sie aber spätestens ausgetauscht werden.

Weitere Folgen der Überhitzung

Im vorliegenden Fall war der Öl Abriss an den Lagerschalen durch eine Überhitzung des Motors verursacht. Hierzu muss man sagen, dass die Hersteller in diesem Fall eine definierte Reihenfolge installiert haben, in der die Bauteile ausfallen. Bei einer Überhitzung des Motors und korrektem Kühlmittelstand entsteht zunächst ein starker Überdruck im Kühlsystem. Dieser kann das Ventil im Ausgleichsbehälter auslösen. Falls das Auto nicht über dieses Feature verfügt, platzt meistens der Kühlmittelschlauch auf. Wenn dieser aber brandneu, der Ausgleichsbehälter aber schon älter ist, dann geht dieser zuerst kaputt. Das ist alles noch kein Problem und lässt sich mit wenig Aufwand wieder beheben. Im weiteren Verlauf nimmt zuerst die Zylinderkopfdichtung Schaden. Erst dann treten größere Defekte wie der vorliegende Lagerschaden auf.

Kleiner Wartungsfehler - große Auswirkung

Der AC Schnitzer in unserer Werkstatt hatte tatsächlich eine defekte Zylinderkopfdichtung. Wir können aber nicht mehr nachvollziehen, ob sie die Folge oder die Ursache des Lageschadens war. Fest steht, dass der Kühlmittelstand im Fahrzeug viel zu niedrig war. Trotz intakten Schlauchs und Ausgleichsbehälters war der Kühlmittelstand unterhalb der Minimal-Marke. Das kann bedeuten, dass der Wagen über die defekte Kopfdichtung Wasser verloren hat. Mit ein wenig Interesse und Sachverstand hätte man diesen Schaden aber lange vorher bemerken müssen. Wir gehen deshalb davon aus, dass ein zu niedriger Kühlmittelstand sowohl für die Überhitzung als auch für die Schäden am Zylinderkopf und den Lagerschalen verantwortlich ist. Eine routinemäßige Kontrolle hätte diesen Defekt mit seinen teuren Folgen wirkungsvoll verhindert.

Retten, was zu retten war

Ein überhitzter Motor, bei dem es sogar schon zu einem Schaden an den Lagerschalen gekommen ist, ist normalerweise nicht mehr zu retten. Die Ausdehnung des Metalls zieht sich in diesem Fall durch das ganze Aggregat. Neben der Zylinderkopfdichtung sind dann auch meistens die Ventil- und Kolbenführungen, die Öl- und Ventildeckeldichtung und viele andere Bauteile betroffen. Wir gingen deshalb bei diesem Projekt auf Nummer sicher und haben den Motorblock komplett ausgetauscht. Wie wir es befürchtete hatten, war die Kurbelwelle nicht mehr zu retten. Die Fragmente der beschädigten Lagerschalen haben sich tief Welle eingefressen. Ein Nachdrehen macht bei diesen Schäden keinen Sinn. Das Bauteil war Schrott und musste gegen ein Neuteil ersetzt werden.

Zylinderkopf überholen

Der Zylinderkopf war an sich noch zu retten. Es stand aber eine Generalüberholung an. Dazu
gehörten folgende Maßnahmen:

– Planen der Dichtfläche
– Austausch der Schaftdichtungen
– Austausch der Ventile und Ventilfedern
– Prüfung und Überholung der Nockenwelle
– Säubern und Polieren aller Ein- und Auslasskanäle.


Das Planen der Dichtfläche von Zylinderköpfen ist erforderlich, da sich die Bauteile unter großer Hitze leicht verformen. Diese Verformung bleibt nach dem Abkühlen bestehen. Beim Planen werden einige zehntel Material auf einer speziellen Fräsmaschine abgetragen. Das Ergebnis ist wieder eine ebene Fläche, die bereit für die Aufnahme der nächsten Dichtung ist. Der Wechsel der Schaftdichtungen ist ein standardmäßiger Vorgang, wenn man den Zylinderkopf abgenommen hat. Die Bauteile kosten nur wenige Euro und sind mit ein paar Handgriffen ausgetauscht. Das Auto ist damit an diesem Punkt für die nächsten 100.000 km bereit. Der Tausch der Ventile wäre nicht notwendig gewesen, wenn es sich nicht um ein von AC Schnitzer getuntes Fahrzeug gehandelt hätte. Diese auf Leistung optimierten Autos sollten bei einer großen Überholung wie diesen mit allen verfügbaren Neuteilen ausgestattet werden. Die Nockenwelle war glücklicherweise nicht vom Schadensbild betroffen. Wie haben sie gründlich vermessen und anschließend gereinigt. Das Polieren von Ein- und Auslasskanälen ist beim Überholen eines Zylinderkopfes ebenfalls ein standardmäßiger Vorgang. Der Kunde erhält so ein in jeder Hinsicht optimiertes Fahrzeug zurück. Dies war zwar ein beachtlicher Aufwand. Es konnte aber die Kosten gegenüber einer Neuanschaffung deutlich senken.

Bilder vom Schaden

Gebrauchter Motorblock schont das Budget

Einen nachweislich überhitzten Motorblock sollte man per se nicht noch einmal verwenden. In unserem Fall waren nicht nur deutliche Laufspuren in den Zylinderbuchsen erkennbar. Der Block zeigte auch erste Anzeichen einer Rissbildung. Wir haben uns daher zum Austausch entschlossen. Der Motorblock an sich ist im Grunde nur ein Klotz aus Gussaluminium mit vier eingepressten Hülsen aus Messing. Bei korrektem Gebrauch halten diese Bauteile deshalb ein ganzes Autoleben lang. Wir waren in der Lage, ein günstiges Gebrauchtteil zu bekommen. Neben einer gründlichen Reinigung haben wir die Innenwände der Zylinder neu gehont. Dieser Vorgang optimiert die Schmierverteilung der Kolben nachhaltig. Wir arbeiten mit den traditionellen Kreuzschliff-Honverfahren. Auf ausdrücklichen Wunsch können wir aber auch über einen Dienstleister das deutlich effektivere Laser-Honen anbieten. Bei diesem Verfahren wird statt eines Kreuzschliffs mit winzigen Taschen gearbeitet. Diese werden mit einem Laserstrahl in die Innenwände der Zylinder eingebrannt. Diese Taschen füllen sich bei der ersten Umdrehung des Motors mit Öl. Die Versorgung des Kolbens mit Schmierstoff ist damit deutlich besser gegeben. Schließlich haben wir noch die Öl- und Kühlkanäle ausgeblasen. Zum Austausch des Motorblocks und der Kurbelwelle gehört auch immer der Wechsel der Wellenlager. Sowohl Kurbel- als auch Nockenwelle wurden mit neuen Lagern ausgestattet. Die Wellen laufen damit wieder zuverlässig innerhalb ihrer vorgesehenen Parameter.

Neue Kolben, neue Pleuel

In einen frisch gehonten Zylinderblock wieder die alten Kolben einzusetzen, macht wenig Sinn. Die Kolben sind über die Pleuelstangen direkt mit den Lagerschalen verbunden. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Verformung über den Wärmeübertrag auch auf diese Bauteile ausgeweitet hat. Deshalb haben wir uns in Absprache mit dem Kunden dazu entschlossen, auch die Kolben samt Pleuelstangen zu erneuern. Mit neuen Kolbenringen und Ölabstreifringen war der Motor damit praktisch wie neu.

Weitere Maßnahmen

Da der Grund für die Überhitzung des Motors ein Leck im Kühlsystem war, haben wir dieses
ebenfalls gründlich überprüft und renoviert. Ausgetauscht wurden folgende Komponenten:


– Kühler
– Schläuche
– Ausgleichsbehälter
– Thermoschalter
– Visko-Lüfter
– Wärmetauscher
– Kühlmittelpumpe
– Thermostat.


Der Wärmetauscher für die Innenraumheizung wies zwar keinen Hinweis auf einen Schaden auf. Da wir aber das Auto schon zerlegt hatten, tauschten wir dieses sonst nur schwer zugängliche Bauteil aus. Ein Wärmetauscher ist im Kauf günstig, jedoch sitzt er an einer ungünstigen Stelle. Die Laufleistung des Autos legte eine Erneuerung nahe, weswegen wir uns zu diesem Schritt entschieden haben. Die Thermoschalter und Sensoren werden häufig beim Erneuern des Kühlsystems übersehen. Doch auch diese unscheinbaren Bauteile sind Verschleißteile. Mit der Zeit lässt ihre wasserdichte Kapselung nach. Dann dringt Feuchtigkeit in die Gehäuse ein und beginnt, die elektromechanischen Elemente zu zersetzen. Die Folge sind Fehlermeldungen an das Steuersystem, ständiger Notlauf oder eine erneute schleichende Überhitzung des Motors. Beim Zerlegen des Kühlsystems fiel eine leichte Braunfärbung des Kühlmittels auf. Das deutet auf ein ungünstiges Wasser-Kühlmittel-Verhältnis und daraus resultierende Korrosion im Kühlsystem hin. Durch unsere Maßnahmen konnte dieser interne Rostbefall gestoppt werden. Nach dem Einfüllen von Kühlmittel nach Vorgabe des Herstellers war diese Gefahr gebannt. Mit diesen Maßnahmen war das Auto im Punkt Kühlsystem vor einer erneuten Überhitzung geschützt. Schließlich wurden sämtliche Riemen erneuert und die An- und Abtriebe überprüft. Auch die Spannrollen wurden gegen Neuteile getauscht, um jegliche Gefahr einer erneuten Störung auszuschließen. Generator und Servopumpe waren noch vollkommen in Ordnung und bedurften außer einer Reinigung keine weiteren Maßnahmen. Die Brems- und Servoflüssigkeiten wurden noch ausgetauscht, dann waren unsere Reparaturen beendet.

Übergabe und Kundengespräch

Nach dem Zusammenbau und dem Probelauf war das Auto bereit für die Übergabe. Uns war es wichtig, dem Kunden zu erklären, wie er mit seinem Fahrzeug in der ersten Zeit umgehen sollte. Ein Performance-Car wie ein AC-Schnitzer benötigt zum Einfahren eine besondere Behandlung. Durch ein vorschnelles Beanspruchen des Autos im Grenzbereich würde der Verschleiß stark erhöht. Der Kunde war für unsere Beratung sehr dankbar.